5. WELTERBE-KLANG am Sonnabend, 24. August 2024, 17:00 Uhr Klosterkirche Zscheiplitz

Schirmherr des Konzertes - Staatsminister Rainer Robra. Kartenbuchungslink am Ende des Textes

Vittorio Ghielmi & Thomas Fritzsch – Violen da gamba

Sie werden vom Publikum gefeiert und von der Kritik gelobt – der eine als Jascha Haifetz der Gambe und als Pablo Casals der Gambe der andere. Ihre Muttersprachen sind Italienisch und Deutsch, aber eine gemeinsame Sprache finden sie beim Musizieren. Beide haben sich der Leidenschaft für das Instrument der Humanisten, die Viola da gamba, verschrieben, und unstillbare Neugier nach Erkenntnis treibt sie an. Ihre Namen sind Synonyme für die Viola da gamba, und sie genießen es mit allen Sinnen, auf kostbaren Originalinstrumenten von Michel Colichon (Paris 1688) und Matteo Goffriller (Venedig 1729) Klänge der Vergangenheit zu suchen und in unserer Zeit hörbar werden zu lassen.

Mit Vittorio Ghielmi und Thomas Fritzsch haben sich zwei der besten Vertreter ihres Faches zum Musizieren verabredet, um in der Akustik der über tausendjährigen romanischen Klosterkirche von Zscheiplitz mit dem Klang ihrer Gamben Emotionen zu wecken.

DIE KÜNSTLER

Vittorio Ghielmi, der in Mailand geborene Gambist, Dirigent und Komponist, wird wegen seiner Virtuosität mit Jascha Haifetz verglichen (Diapason) und als Alchemist und Schamane des Klangs bezeichnet, weil er eine neue musikalische Sprache und eine neue Vision des Klangbildes des alten Repertoires entwickelt hat. Er ist Leiter des Departments für Alte Musik und Professor für Viola da Gamba an der Universität Mozarteum Salzburg, Gastprofessor am Royal College of Music London und hielt Meisterkurse an der New Yorker Juillard School, der Accademia Chigiana di Siena, dem Conservatoire Royale de Bruxelles und der Universität der Künste Berlin.

Sein 2007 mit der argentinischen Sängerin Graciela Gibelli gemeinsam gegründetes Ensemble IL SUONAR PARLANTE ORCHESTRA wurde in Konzertsäle auf der ganzen Welt eingeladen. Regelmäßig ist Vittorio Ghielmi als Solist oder Dirigent mit den berühmtesten Orchestern tätig (Los Angeles Philharmonic Orchestra, London Philharmonia, Il Giardino Armonico, Freiburger Barockorchester etc.) und musiziert im Duo mit seinem Bruder Lorenzo Ghielmi resp. dem Lautenisten Luca Pianca.

Als einer der führenden Vertreter der Originalklangszene teilte er schon in jungen Jahren die Bühne mit Künstlern wie Gustav Leonhardt, Cecilia Bartoli, Reinhard  Goebel, Viktoria Mullova, Andràs Schiff, Thomas Quasthoff, aber auch mit Jazzstars wie Uri Caine, Kenny Wheeler, Paolo Fresu, Markus Stockhausen und der Flamencosängerin Carmen Linares. 

Drei Jahre lang war er Assistent von Riccardo Muti bei den Salzburger Festspielen, wirkte als Interpret bei Weltpremieren neuer Kompositionen mit, war 2007 Autor und Leiter eines Schauspiels zu Buxtehudes Kantaten-Zyklus Membra Jesu Nostri und Artist in residence beim Musikfest Stuttgart 2010, beim Segovia Festival 2015 und beim Festival Bozar in Brüssel 2011. Im Sommer 2018 dirigierte er die Oper Pygmalion von Jean-Philippe Rameau im Drottningholms Slottsteater (Stockholm).

Er hat an der Katholischen Universität Mailand promoviert und verbindet seit jeher seine musikalische Praxis mit einer Leidenschaft für historische und musikwissenschaftliche Forschung. Seine Feldarbeit in alten musikalischen Traditionen wurde mit der Verleihung des Erwin Bodky Award 1997 und dem ECHO KLASSIK 2015 gewürdigt und im Film "The Heart of Sound – eine musikalische Reise mit Vittorio Ghielmi" (BFMI) dokumentiert.

Thomas Fritzsch, „wohl einer der derzeit bedeutendsten Gambisten weltweit“ (Musica Sacra 04/2017), musiziert in den europäischen Konzertsälen ebenso wie auf den Podien der Metropolen New York, Boston, Tokio, Seoul, Abu Dhabi, Dubai, Havanna, Hongkong, Shanghai und Jerusalem. Robert Marshall lobte ihn als den Casals der Gambe. Mit Leidenschaft und brillantem historischem Wissen sucht, entdeckt und ediert Thomas Fritzsch verschollene und vergessene Werke der Gambenliteratur. Seine spektakulären Erstaufführungen und CD-Einspielungen von Notenfunden Johann Christian Bachs, Carl Friedrich Abels, Georg Philipp Telemanns, Joseph Fialas, Dieterich Buxtehudes und von Gambenmusik des 19. Jahrhunderts, u.a. mit dem ECHO KLASSIK 2017 und einem Choc de Classica 2019 ausgezeichnet, erregten weltweites Aufsehen in der Musikwelt. Auf seinem jüngsten Album Amadé, mon ami spielte Thomas Fritzsch Gambenmusik von Wolfgang Amadé Mozart & Joseph Fiala als Premiere ein.

Ein exorbitantes Medienecho löste Thomas Fritzsch im Dezember 2021 mit WEIN-KLANG aus: Im Holzfaßkeller der Winzervereinigung Freyburg eG beschallte er vier Monate lang mit Hilfe der Liquid-Sound®-Technik 2700 Liter Grauburgunder mit Telemanns Gambenfantasien. Als bekennender Abelianer und Gallionsfigur der Abel-Renaissance leitete Thomas Fritzsch zum 300. Geburtstag des Komponisten das Abel-Fest 2023 im Schloß Köthen.

Mit ansteckender Leidenschaft für sein Instrument und dessen Literatur lehrt Thomas Fritzsch in Meisterklassen (u.a. Mozarteum Salzburg, Schola Cantorum Basiliensis, Temple University Philadelphia, Princeton University). Als internationaler Werbeträger für die Musik von Bach und Abel wurde Thomas Fritzsch 2014 zum Botschafter der Bach-Abel-Stadt Köthen (Anhalt) ernannt und 2017 zum Sonderbotschafter des Burgenlandkreises berufen.

DER KONZERTORT: DIE KLOSTERKIRCHE ZSCHEIPLITZ

Unweit der Winzerstadt Freyburg liegt inmitten des Unstrut-Tales auf einem in der letzten Eiszeit vor 110.000 Jahren entstandenen Umlaufberg, dem Zscheiplitzer Plateau, das im späten 12. Jahrhundert gegründete Benediktinerinnenkloster St. Martin Zscheiplitz. Die zur Klosteranlage gehörende Kirche wurde bereits 1110 von Adelheid, Gemahlin Ludwigs des Springers, gestiftet, der Sage nach als Sühneleistung für den 1085 von dem Paar begangenen Mord an dem sächsischen Pfalzgrafen Friedrich III. von Goseck in den Wäldern von Zscheiplitz, dem in Untreue verlassenen ersten Gemahl Adelheids. Im Zuge der Reformation wurde das Kloster 1540 aufgelöst.

Die überwiegend romanische Kirche mit querhausartigem Anbau in sorgfältigem Quaderverband zählt zum Bautyp der Chorturmkirchen. Der Turm mit quadratischem Querschnitt und einer Glocke von 1509 befindet sich im Osten und beherbergt im Untergeschoß die netzgewölbte Apsis. Der typengeschichtlich interessante Nonnenchor wurde 1555 bis auf das Erdgeschoß beseitigt und neu überbaut. An der Nordseite der Kirche sind Reste der Klausur mit romanischem Keller und gotischem Portal erhalten. Dem nach 1945 rapide einsetzenden Verfall der Kirche geboten ab 1985 dreizehn Zscheiplitzer Bürger Einhalt, die sich zur „Interessengemeinschaft Klosterkirche Zscheiplitz“ (ab 1995 „Kloster Zscheiplitz – Klosterbrüder e.V.“) zusammenschlossen. Ihrem tatkräftigen Engagement, ihrer geschickten Verhandlungstaktik mit Behördenvertretern der DDR und ihrer Improvisationskunst bei der Akquisition von Baumaterialien verdanken wir die Rettung und Restaurierung der Klosterkirche! Das Baudenkmal zählt zu den Kernobjekten des ursprünglich an die UNESCO gerichteten Welterbe-Antrages „Der Naumburger Dom und die Kulturlandschaft an den Flüssen Saale und Unstrut“. Mit dem Romanik-Preis 2022 in Silber wurde der Verein „Kloster Zscheiplitz – Klosterbrüder“ geehrt.